Zurück ins Berufsleben

Da dachte ich doch, als Mutter von zwei Kindern, ich müsste mich doch jetzt endlich einmal verwirklichen, und was nun …???!!!

Alles war perfekt

Jetzt ist es fast zehn Jahre her, da mein ältester Sohn Thomas geboren wurde. Der normale Kreislauf begann. Überglücklich über das endlich geborene Kind, in die Rolle einer guten Mutter schlüpfend, gab ich meine Berufstätigkeit auf. Nur noch Mutter und Hausfrau sein, das war mein damals ersehntes größtes Glück. Ich beschäftigte mich mit Wickeln, Singen, Vorlesen, Spielen, Waschen, Bügeln, Kochen usw., war Hausfrau, Mutter, Geliebte, Freundin, Kumpel, Pädagogin und Psychologin in einer Person. Nach vier Jahren wurde mein zweiter Sohn, Julian geboren. Die Familienplanung war perfekt. Ich hatte alles was ich wollte.
Die Tagesbeschäftigung änderte sich nicht wesentlich, nur die Arbeit wurde etwas mehr, etwas hektischer, aber als Ganztagshausfrau müsste man dies ja locker schaffen.

Ich wollte raus!!!

Nach neun Jahren "Nur Hausfrau und Mutter" musste ich leider feststellen, dass meine Wünsche und Vorstellungen nicht mit der Realität übereinstimmten. Das ach so begehrte Hausfrau- und Mutterdasein füllte mich nun doch überhaupt nicht mehr aus. Ich wollte raus!!! Einmal etwas nur für mich tun. Arbeiten gehen, Anerkennung finden, das Selbstwertgefühl wieder auffrischen, unter andere Leute kommen. Lange habe ich überlegt, ob meine Familie bei einer etwaigen Berufstätigkeit keinen Schaden nimmt. Thomas war in der Schule, Julian hatte gerade glücklicherweise einen Kindergartenplatz bekommen. Der Weg war frei, ich konnte es wagen. Also ging ich arbeiten von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Das ist eine gute Zeit, das belastet die Kinder nicht, hoffte ich.

Nun ging’s los! Mein erster Arbeitstag begann. 6.00 Uhr aufstehen, duschen, schminken, bürogerechte Kleidung anziehen. Die Auswahl war klein, als Hausfrau braucht man ja nicht so viel. Frühstück richten, Kinder wecken, Kleidung zurechtlegen, Julian beim anziehen helfen, gemeinsames Frühstück und dann alle gemeinsam aus dem Haus. Endlich!!!

Julian bringe ich zum Kindergarten anschließend gleich ins Büro. Ich bin glücklich, ich bin gefordert, ich kann meine verborgenen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Es macht Spaß. 12.00 Uhr Dienstschluss, ich hetze zum Kindergarten, ich bin spät dran. Im Kindergarten schien alles gut gelaufen zu sein. Julian macht mir einen ausgeglichenen Eindruck. Wir fahren nach Hause.

Morgen ist ja auch noch ein Tag

Nun beginnt der ganze Kreislauf meines Hausfrauen und Mutterdaseins nur mit dem Unterschied, es ist schon Mittag. Ich koche, natürlich frisch, das schlechte Gewissen der berufstätigen Mutter zwingt mich dazu. Zwischendurch räume ich die letzten Tassen vom Frühstück in die Spülmaschine. Julian möchte etwas vorgelesen haben, aber ich habe jetzt keine Zeit, das Essen muss fertig werden, gleich kommt Thomas aus der Schule. Julian ist traurig, lümmelt sich herum. Thomas kommt, wir können essen. Schlechte Stimmung am Mittagstisch, ich höre zu, ich beschwichtige, ich bin müde. Anschließend Aufräumarbeiten, kleinere Hausaufgabenhilfen. Julian möchte mit mir Spielen, aber ich habe noch keine Betten gemacht, noch keine Wäsche aufgesetzt, noch nicht einmal die Tageszeitung gelesen. Ich mache die Betten, zwischendurch ruft mich Thomas, er hat eine Frage, Julian ruft, mir ist so langweilig. Es ist jetzt 15.30 Uhr, den Rest meiner Arbeit lasse ich liegen, nehme Julian zur Hand, wir gehen spazieren. Gegen 17.30 Uhr kehren wir heim, ich decke den Abendbrottisch, mir fällt ein ich müsste noch etwas einkaufen. Ich renne los, es ist schon spät. Wir essen zu Abend, ich bringe die Kinder ins Bett, lese vor, erzähle, bete. Es ist vollbracht, endlich Zeit für mich. Rolf, mein Mann kommt nach Hause, meistens spät. Wir unterhalten uns eine Weile, dann fällt mir die Wäsche ein. Ich muss bügeln. Bis jetzt hatte ich dazu noch keine Zeit. Ich bügle bis 22.00 Uhr, dann gehe ich erschöpft zu Bett. Ich denke über den Tag nach was alles hätte noch erledigt werden müssen. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Morgen erledige ich die Putzarbeiten. Nun schlafe ich endlich ein.

Ich renn mir selbst hinterher

Ein neuer Morgen gleicher Ablauf, nur Julian mault, er will nicht in den Kindergarten. Ich versuche ihn zu überreden, der sträubt sich, es wird immer später, ich komme zu spät, ich werde nervös. Endlich er lässt sich überzeugen, wir können fahren. Der Rest dieses Tages verläuft wie der vorherige. Nur ich habe es schon wieder nicht geschafft, meine Putzarbeiten zu erledigen.

Jetzt arbeite ich seit einem Jahr, bin völlig überfordert, renne mir selbst hinterher, finde keine Zeit für mich selbst, habe das Gefühl ich lebe nur für andere. Es bleibt keine Stunde für ein schönes Buch, abends bin ich zu müde, da ich die Wäsche spät machen muss, denn nachmittags braucht mich Julian doch noch sehr. Ich muss immer mehr erkennen, dass ich dieser Doppelbelastung nicht gewachsen bin. Julian mag den Kindergarten überhaupt nicht, doch er muss gehen, weil ich arbeite. Mein schlechtes Gewissen plagt mich, die Kinder kommen zu kurz, ich komme zu kurz. Die Arbeit im Büro macht mir sehr viel Spaß, ich habe nette Kollegen, einen netten Chef, aber ich habe mich dazu durchgerungen, die nächsten Jahre doch wieder zu Hause zu bleiben. Mit anderen Augen werde ich jetzt dieses Hausfrauendasein betrachten, ich habe eine für mich überaus wichtige Erfahrung gemacht. Ich möchte dieses Hausfrau- und Mutterdasein genießen. Die Zeit die mir dann für mich bleibt werde ich bewusst nutzten und auskosten. Ich hoffe wieder zu mir zu finden und das schaffe ich nicht mit der Doppelbelastung Berufstätigkeit, Mutter, Hausfrau und Ehefrau.

Ellen Môrche